Samstag, 20 Februar 2016 15:44

Kreisfeuerwehrtag

Biogasanlangen und andere Herausforderungen für die Feuerwehr

Referenten informieren am Kreisfeuerwehrtag

Der Kreisfeuerwehrverband lädt jährlich alle interessierten Kameraden zum Kreisfeuerwehrtag in eine andere Landkreisgemeinde ein. Dabei werden Referenten engagiert, die über aktuelle Themen und Entwicklungen informieren, die für den Einsatzdienst relevant sind. In diesem Jahr erklärte Anton Baumann, Fachberater Biogas und Sachverständiger für Biogasanlagen, alle Gefahren und mögliche Einsatzszenarien rund um diese Anlagen der erneuerbaren Energie. Außerdem wurden die Kameraden über die Landkreisausbildung zum Führen von Kettensägen aufgeklärt und die neue modulare Truppausbildung wurde vorgestellt. Zum Abschluss brachte Kreisbrandrat Stefan Schmöger die neue Feuerwehrbedarfsplanung der Gemeinden näher und erläuterte die Rolle der Kommandanten dabei. Das umfangreiche Programm bot viel Wissenswertes für bevorstehende Einsätze, sodass den Bürgern schnell und qualifiziert geholfen werden kann.

Biogasanlagen dürfte jeder Bürger des Landkreises kennen, ob im Bioenergiedorf Großbardorf, in der Badestadt Könighofen, an der B19 in Unsleben oder am Ortseingang von Mellrichstadt. Die Kuppeln prägen längst die Ortsbilder und die Traktorketten mit Riesenanhängern im Herbst sind für manchen Anwohner und Autofahrer ein Ärgernis. Anton Baumann aus Wangen im Allgäu kennt diese Anlagen und viele, viele mehr in ganz Deutschland. Als Gutachter und Sachverständiger hat er Erfahrung mit diesen Anlagen wie kaum ein anderer. Baumann, der selbst aktiver Feuerwehrkamerad ist, konnte von verschiedenen Einsätzen berichten, die er im Nachgang als Gutachter betreute. Mit Bildern stellte er eindrucksvoll dar, zu welchen Einsätzen Feuerwehren an Biogasanlagen gerufen werden. Am häufigsten sind Abstürze von Personen zu beklagen, bei deren Rettung besondere Vorsicht geboten ist, wenn Schächte oder Betriebsraume mit Gasleitungen betreten werden müssen. Atemschutz ist Pflicht, ebenso das Gasmessgerät, das eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre, kurz geA, anzeigt. Mit Überdruckbelüftern sollte in diesen Fällen immer reichlich gearbeitet werden, um eventuell ausströmendes Gas so zu verdünnen, dass es nicht zündfähig wird.

Dieser Grundsatz gilt auch bei Leckagen an den Silobehältern. Zu bedenken gilt es laut Baumann auch, dass die Bakterien weiter Biogas erzeugen, bis ihr Futter aufgebraucht ist. Dieser Prozess lässt sich nicht einfach stoppen. Sollte die Gärmasse, ein gülleähnlicher Schlamm austreten, so hat man schnell einen Umwelteinsatz, denn diese Masse in einem Bach oder Fluss kann alle Lebewesen töten. Dabei ist der Schlamm keineswegs giftig, sondern raubt lediglich den Sauerstoff auf dem Wasser. Ein zeitnahes abpumpen mit Feuerlöschkreiselpumpen und ausbringen auf benachbarte Felder und Wiesen düngt diese sogar noch.

Nicht selten brennt das Blockheizkraftwerk, in dem das Gas verbrannt wird und einen Generator antreibt. Bei einer ordentlich ausgeführten Brandwand besteht in diesem Fall keine Gefahr einer Gasexplosion oder eines Gasbrandes. Einige Bilder des Fachmannes belegten allerdings, dass diese manchmal unsachgemäß ausgeführt werden und es dann im Extremfall zu einer Verpuffung mit gigantischer Stichflamme kommen kann. Aus Baumanns Erfahrung stellen vor allem die kleinen Biogasanlagen, die auf landwirtschaftlichen Anwesen gebaut werden Gefahrenquellen dar. „Hier wird oft gespart und selbst gebastelt, was zu enormen Risiken führt“, so Baumann. Außerdem seien die Betreiber dann keine ausgebildeten Fachkräfte, die die Gefahren leider oft Unterschätzen. So waren 2015 vier Todesfälle in Kleinanlagen zu beklagen, die auf Leichtsinn oder fehlende technische Sicherungsausrüstung zurückzuführen sind. Biogas wird heute teilweise so gut gefiltert, da es fast nur noch aus Methan und Kohlendioxid besteht. Beide Gase sind Geruch- und Geschmacklos, was für Betreiber und Einsatzkräfte gefährlich werden kann. Für die Zukunft prognostizierte Baumann nur noch den Neubau von Kleinanlagen in der Landwirtschaft. Die großen Anlagen seien unrentabel geworden, da andere erneuerbare Energien elektrische Energie günstiger zur Verfügung stellen können. In ein paar Jahren könnten die Bestandsanlagen statt Strom einzuspeisen Gas für Tankstellen liefern oder als Erdgasersatz das Gasnetz befüllen.

Nach dem ausführlichen Fachvortrag informierte Stefan Schmidt über neu geschaffene Möglichkeit einen Kettensägenführerschein in einem Feuwehrlehrgang zu erlangen. Bisher war dies nur über das Forstamt möglich. Der neue Lehrgang hat 2015 bereits einmal stattgefunden und soll auch 2016 zweimal durchgeführt werden. Als Ausbilder fungieren die Feuerwehrkameraden Stefan Schmidt und Marcel Scheuring, die an der Waldbauernschule eine Prüfung ablegten, um Feuerwehrkameraden ausbilden zu dürfen. Neu ist dabei, dass die Kameraden nach Forstgrundsätzen ausgebildet werden und zusätzlich ein Modul Feuerwehr durchlaufen, sodass zum Beispiel unter Spannung stehende Bäume sicher beseitigt werden können. Um diese besonderen Herausforderungen, wie sie nach Stürmen auftreten, trainieren zu können wurde ein Spannungssimulator geliehen.

Bevor allerdings Fachlehrgänge besucht werden können muss eine Feuerwehrfrau oder ein Feuerwehrmann das Handwerkszeug erlernen. Kreisbrandinspektor Michael Omert referierte über die neue modulare Truppausbildung. In verschiedenen Abschnitten sollen die Neulinge zu Fachkräften ausgebildet werden, die im Einsatz qualifizierte Hilfe leisten können. Das Basismodul, welches jede Feuerwehr selbst ausbildet, kann bereits in der Jugendfeuerwehr unterrichtet werden. Nach dem Besuch eines erste Hilfe Kurses und des Sprechfunklehrgangs muss eine Zwischenprüfung in Theorie und Praxis abgelegt werden. Zwei weitere Jahre soll der Nachwuchs am Übungsdienst in seiner Feuerwehr teilnehmen, ehe er die Abschlussprüfung ablegt. Vor den Prüfungen bietet die Landkreisfeuerwehr jeweils einwöchige Wiederholungslehrgänge an. Je nach Ausrüstung der Feuerwehr können weitere Ergänzungsmodule angeboten werden.

Der Frage „Was braucht eigentliche meine Feuerwehr?“ geht der Feuerwehrbedarfsplan nach. Die Gemeinden müssen ermitteln welche Betriebe und Bauten mit welchen Gefahrenpotentialen vorhanden sind und entsprechend erarbeiten welche Einsatzmittel an welchem Ort nötig sind, um die Hilfsfrist einzuhalten. Nach der Meldung in der Leitstelle soll innerhalb von 10 Minuten eine adäquate Hilfe vor Ort sein. Schmöger wies darauf hin, dass diese Bedarfsplanung Sache der Gemeinde ist und der örtliche Kommandant diese Unterstützt mit seinem Fachwissen. Mit seinem Vortrag schloss der Kreisbrandrat den informativen Nachmittag ab.

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